Vierter Spaziergang: Am Wochenmarkt und durch die Innenstadt mit Lili

Ein Büchlein ist mir in die Hände gefallen, ein heimatkundliches Lesebuch von 1962 über Wels, in dem Kinder wie Grete und Franz, Toni und Rudi, Hans oder Peter ihrem Großvater aus Wien oder der Cousine Poldi aus Salzburg ihre schöne Stadt zeigen. Interessant fand ich, dass dieses Schullesebuch für die dritte und vierte Klasse gut ein halbes Jahrhundert später schon sehr gealtert ist. Es wird vom Welser Volksfest berichtet, halb Europa kennt diese große Landwirtschaftsmesse. Überhaupt: Wels ist eine große Stadt geworden, die Stadtteile Pernau, Oberhaid, Lichtenegg und Vogelweide wurden eingemeindet. Weiterlesen

Kolumne: Nach Lichtenegg und in die Noitzmühle

Wenn ich nicht in Richtung Innenstadt gehe, zum Medienkulturhaus, ins Strassmair oder zwischen Gefängnismauer und Lokalbahnhof, vorbei an diesem einsamen Gyros-Imbiss auf einer kleinen Rasenfläche umrahmt von hellgrünen Blumentöpfen, zum Alten Schlachthof, dann mache ich weite Spaziergänge in den schönen wilden Westen von Wels. Mit Rupert und Rosa ging ich bis zu dem geheimnisvollen Ort in der Au, wo Pflanzen und Bäume sich zu seltenen Tieren und Monsterwesen auswachsen, und mit dem Kulturstadtrat war ich in der Produktionsschule. Mit Thomas Rammerstorfer von der Welser Initiative gegen Faschismus ging ich auf den Spuren der wechselhaften Migrationsgeschichte durch Lichtenegg und die Siedlung Noitzmühle. Weiterlesen

Kolumne: Im Kaiserpanorama

Im Zug fahre ich nach ein paar Tagen über Fronleichnam in Berlin gemeinsam mit dem gesamten katholischen In- und Ausland wieder zurück über Bayern und weiter nach Wels. Im Abteil nebenan sitzt eine syrische Familie, der größere Junge fragt seinen Vater alle paar Minuten etwas, was ich durch die Wiederholung des seltsam betonten „Passau“ als „ist das Passau?“ oder „wann sind wir endlich in Passau?“ deute, die Familie ist schon seit über dreizehn Stunden mit dem „Schönes-Wochenende-Ticket“ unterwegs, von ihrem neuen dauerhaften Aufenthaltsort in Hagen noch einmal zurück zur Flüchtlingsunterkunft in der Nähe der tschechischen Grenze. Im Gegensatz zu den anderen Fahrgästen werden sie nach jeder Station und bei jedem Personalwechsel erneut kontrolliert. Weiterlesen

Kolumne: Zehn Euro auf Blackjack Venus

„Die Namen der Pferde erinnern an Westernfilme, Casinos in Las Vegas oder Popstars aus den Achtziger Jahren. Aus einem Lautsprecher ertönt die Stimme des Kommentators aus dem Richterturm: „Zuvorderst sehen Sie Oklahoma Venus, knapp dahinter Esther Mo, auf der Innenseite My fair Lady, Power Strizzi greift von außen an, Power Strizzi überholt, Oklahoma Venus läuft in die Zielgerade ein.“ Das Siegerpferd und die Fahrerin posieren für die Kamera, das tänzelnde Pferd trägt eine schwarze Maske wegen des Sandes und rote Ohrenschoner. Ich bekomme ein paar Empfehlungen und schließe eine Platzwette auf Blackjack Venus ab. Diese macht immerhin den dritten Platz, ich habe gewonnen. Es sind zwar nur die zehn Euro, die ich zuvor gesetzt hatte, da Blackjack Venus eine Favoritin war. Bei den folgenden Rennen setze ich je fünf Euro auf die Außenseiterinnen Lilly Ass und MS Birgit, leider ohne Erfolg.“

Kolumne in den OÖN vom 2. Juni 2016