Kolumne: Zu Hause in Wels

Ich gehe durch die Straßen von Wels und versuche nicht daran zu denken, dass es vielleicht schon das letzte Mal ist, dass ich hier entlang gehe. Das letzte Mal durch die dörfliche Vogelweide mit den pastellfarbenen Reihenhäusern, das letzte Mal am Sternhochhaus vorbei und die Salzburger Straße stadteinwärts, links die kleinen Häuschen, ein Blumengeschäft und die Fleischerei mit der lachenden Wurst, auf der anderen Seite die Dragonerkaserne, den birkengesäumten Weg der Traun entlang und an den prunkvollen Villen vorbei, über den Stadtplatz, durch die Fußgängerzone, die Schritte gezählt, über den Kaiser-Josef-Platz und am Traunpark-Einkaufzentrum vorbei über die Brücke auf den Reinberg zur Marienwarte, ein letzter Blick hinunter und über die Traun auf Wels, diese unterschätzte Schönheit, das letzte Mal unter einem fahlen Mond der Gefängnismauer entlang zurück zum Hochhaus.  Weiterlesen

Fünfter Spaziergang: Mit der WOGE-WG durch die Neustadt und zum Mauthstadion

Bisher war ich ja meistens allein spaziert, von Rousseaus Promeneur solitaire, der sich in Naturbetrachtungen und Träumereien verliert, über den Flaneur in den Großstädten zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei Baudelaire, Edgar Allan Poe, Walter Benjamin oder Franz Hessel, bis zu den Spaziergängerfiguren im Werk Robert Walsers oder W.G. Sebalds sind die literarischen Spaziergänger meist männliche Einzelgänger. Manchmal gingen wir auch zu zweit, weil jemand mir etwas zeigen wollte oder einfach um des Spazierens willen. Ins Gespräch vertieft, vergesse ich oft, wo die Wege hinführen und wenn ich später dieselbe Strecke nochmals alleine gehe, finde ich gewisse Straßen, Orte und Eindrücke nicht gleich wieder. Weiterlesen

Kolumne: Das Fürchten verlernen

Der letzte Woche beschriebene Spaziergang führte mich auf den Spuren einer wechselhaften Migrationsgeschichte nach Lichtenegg und in die Noitzmühle. Im Nachhinein wurde ich mit dem Vorwurf konfrontiert, ich hätte ein negatives Bild der Noitzmühle gezeichnet, was nicht meine Absicht war, im Gegenteil, die Siedlung zwischen Wald, Traunauen und Feldern machte einen nachbarschaftlich friedlichen Eindruck auf mich. In meinem literarischen Text ging es eher um historische Bedingungen für die Zusammensetzung der Bewohner und Bewohnerinnen der Siedlung, als um die Beschreibung der heutigen Wohnungen. Auch Berlin ist auf Sumpf und Sand gebaut. Weiterlesen